Peter Ochsner
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Das nicht vorhandene Gleichgewicht.

2/11/2016

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Oft sieht man hier in Kenia Menschen auf einem Gepäckträger sitzen. Das kann auf einem Fahrrad oder einem Motorrad sein, jedenfalls eine Form von günstigem Weiterkommen.
Eigentlich erlaubt diese Erkennung keine Story, da auf den ersten Blick keine Besonderheiten zu erkennen sind. Besonders im Rushhourverkehr einer afrikanischen Grosstadt gehört diese Art der Fortbewegung zu einer der zügigsten. Sei es das Boda- Boda (Fahrrad) oder das Bajiaj (Motorrad), für Kurzdistanzen bevorzugen Menschen diese konventionelle Art.
Unbequem ist das Sitzen auf dem gepolsterten Metallgestänge nicht, ich habe es ausprobiert, beide Methoden, die Damenart und die Herrenart. Der Vergleich mit dem Reiten im Damensattel liegt nahe.

Soweit, so gut. Das „Reiten“ auf einem Stahlesel ist praktisch und annehmbar. Eine Erfahrung aus meiner Jugend, auf dem Rücksitz des Motorrades meines Freundes, er war Koch und hatte nachmittags immer frei, von Näfels, hinauf zum Obersee, bemächtigte sich meiner und als Folge davon vermochte ich das Thema Damensattel nie abzuschliessen.
Weitere Beobachtungen waren angebracht, da die eine Sache, das Ding mit dem Gleichgewicht mit unbeantworteten Fragen aufwartete.

Die Fahrer, ich habe bisher nur zwei Fahrerinnen gesehen, halten das auf nur zwei Punkten gelagerte Gefährt, dank diesem Labyrinth im Innenohr, im Gleichgewicht. Sitzt nun noch jemand hinten drauf, muss er, oder sie, auch auf allfällige, nicht akkurate, Gewichtsverlagerungen von hinten reagieren. Keine Schwierigkeit – ist leicht machbar.
Meine wiederholten Beobachtungen zeigten allerdings eine bestimmte Eigenheit auf, ein Unterschied im Empfinden des Gleichgewichts. Man würde meinen, dass an einem Passagier im Damensattel, in einer engen Kurve, Anzeichen einer Störung zu erkennen sein sollten, einfach bezogen auf die Tatsache, dass die Sitzart unzuverlässig erscheint. Dem ist aber so nicht. Eine Afrikanerin im Damensattel lässt nie eine Unsicherheit erkennen, wogegen eine weisse Frau den Eindruck erwecken lässt, dass sie darauf aus ist, das Gefährt zu Fall zu bringen. Mehr noch, die Weisse klammert die eine Hand an den Sattel und die andere hinten ans Polster, während die Afrikanerin, die Hände frei, sich um die Sicherheit der Handtasche kümmert. Nach intesivem, langjährigem Beschauen dieser Eigenheit fragte ich eines Tages einen der Fahrer nach dem Grund.    
«Yeye anakaa kama mawe.»  
Sie, die Weisse, sitzt dort wie ein Stein, antwortete er mir.

Natürlich konnte ich es dabei nicht belassen. Die Erklärung muss im Vestibularapparat liegen, das heisst, nicht im Organ selbst, aber in der nervlichen Vernetzung. Mir scheint, dass bei der Übermittlung von den Sensoren beim Afrikaner eine gewisse Trägheit vorhanden ist.
Mit dieser Erkenntnis verwandelte ich mich in einen Stein und setzte mich zur Probe auf den Damensattel, erhielt so auch gefühlsmässig die Bestätigung meiner Annahme. Ich (sogar als Stein) reagierte viel schneller zwar auf Änderungen als der Fahrer, einen kleinen Zeittraum der Ungleichheit kreierend.

Wir Weissen haben halt keinen Rhytmus in den Knochen. Ich bin überzeugt, dass auch diese Erkennung mit dem Gleichgewichtssinn zusammen hängt. Man muss nur hinschauen, dann sieht man es.

Ach ja, mein Freund, der Küchenchef, sagte mir damals am Obersee.
«Du hoggsch wie ‘en Stei uf mim Bogg.»

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