![]() Schlüsselwörter: Kreativität, Aufopferung, inneres Gleichgewicht, Talent, Übermensch, Der wirkliche Künstler befindet sich auf einem extrem, individuellen Lebensweg, der immer mit Opfern verbunden ist. Künstler erfahren bei der Ausübung ihrer Kreativität einen gewissen Schmerz, der nur schwer zu erklären ist. Dieses Gefühl bemächtigt das Bewusstsein als eine selbst auferlegte Aufgabe, weshalb ich das Wort Opfer angemessen finde, jedoch nicht im Sinne einer rituellen Opfergabe an Gott. Sich selbst zu opfern hat enorme philosophische Implikationen, Natur gegeben mit Bezug auf Kreativität. Mit jeder Schöpfung geben sie einen Teil dieser besonderen Gabe weg. Die Fähigkeit, etwas Kunstwürdiges zu schaffen, kommt wie ein innerer Drang von innen. Ein bekannter Maler sagt: Ich bin mir des Prozesses des Malens nicht völlig bewusst. Mein Arm und meine Hand führen unbewusst aus, was in meinem Kopf bewusst vorhanden ist. Das ist es, was ich als echte Gabe bezeichne. Begabte Menschen spüren diesen Drang schon in der Kindheit, eher unbewusst. Diese Form des Gebens ist abhängig von inneren und äußeren Faktoren, wobei die inneren Faktoren während der gesamten, geistig-schöpferischen Periode von den äußeren Faktoren beeinflusst werden. So wirken sich die Eindrücke der Umwelt, vermischt mit der momentanen Gemütsverfassung, frei auf dieses schöpferische Geben, dieses Opfern aus. Die Güte, die Qualität eines solchen Kunstwerkes wird jedoch durch den geistigen Zustand eines Künstlers bestimmt, sozusagen durch das innere Gleichgewicht. Deshalb suchen viele nach berauschender Hilfe, um dieses seelische Gleichgewicht einzubehalten. Da gibt es keine Regeln, kein Schema. Es ist ein wildes Durcheinander von fein dosierten, gleichmäßigen Nuancen. Ein solcher Zustand der Präsenz kann nur entstehen, wenn es ein Gefälle gibt. Während des Unterrichts im Gefängnis erlebe ich diese seriell-selektive Distanz des Oben/Unten Denkens als Anerkennung. Die eingesperrten Frauen versuchen sich aus der Umklammerung des Gefängnisses zu befreien. Sie haben die Wahl zwischen dem Besuch von Mitmenschen, die ihnen seelischen Beistand oder finanzielle Unterstützung bieten. Oft erfahre ich auch von der dritten Form der Opferung. Dies ist die subtilere Form des kunstvollen Gebens, der eigentliche Inhalt meines Unterrichts im Gefängnis. Nachfolgend ein kürzlich geführtes Gespräch. Patricia erzählt: Nach meiner Verhaftung wurde mir gesagt, ich solle mich hinsetzen und warten. Ich muss mehrere Stunden auf der Holzbank verbracht haben, völlig verwirrt. Meine Gedanken bestanden nur aus unbeantworteten Fragen. Dann setzte sich ein Mann neben mich. Freundlich erkundigte er sich nach meinem Namen und dem Grund meines offensichtlich unruhigen Verhaltens. Ich war zu einem Gespräch nicht fähig, und doch sprach er mit mir. Seitdem sind acht Jahre vergangen, und seit sieben Jahren erhalte ich Geld von diesem Mann. Ich ihn nie wieder getroffen, ich kenne nur seinen Namen und seine Telefonnummer. Jedes Mal, wenn ich das unterste Level erreicht habe, wähle ich seine Nummer. Man kann sich fragen: Was hat das mit künstlerischem Schaffen zu tun? Objekte der bildenden oder auch der darstellenden Kunst sind Gaben, die für den Einzelnen bestimmt sind. Die Gabe des Mannes ist vielleicht die schönste aller Künste, die das wahre Kunstwerk interpretiert. Er verschenkt etwas, einfach so. Und dann gibt es diesen gewaltigen Koloss der Kultur- und Kreativwirtschaft, der weit über das hinausgeht, was ich unter Verschenken von Kunst verstehe. Eine Absurdität, die aus dem Wort Kapital geboren ist und die wahre Kunst vergewaltigt. Das Verständnis von Kunst führt uns zum Begriff Übermensch. Der Übermensch lebt in einer geistigen Kiste, aus der er eifrig etwas Kurzfristiges diktiert. Übermenschen hat es immer gegeben, Maler, Sportler, Komponisten. Sie alle lösen Inspiration aus, im Gegensatz zu denen, die über finanzielle Macht verfügen. Ein Vergleich könnte das erklären. Kunstsinnige Menschen, also Kunstschaffende, opfern sich aus naturgegebenen Affekten heraus. Der kapitalistische Übermensch opfert die Natur und den Menschen, um sein Ego zu befriedigen. Summa sumarum.
Es gibt einen wunderbaren Film "The Words" (Bradley Cooper), der nicht sagt, was Kunst ist oder sein kann, sondern der zeigt, wie sich Kunst anfühlt. https://www.youtube.com/watch?v=rSYmOg5MCPE
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