Heute war ein besonderer Tag. Als Projektleiter des Book Clubs im Langata Women’s Prison durfte ich Mitglieder des Swiss Connect Art Club begrüßen. Kurz vor 10 Uhr morgens trafen wir uns auf dem Parkplatz vor dem Main Gate und es war mir ein besonderes Vergnügen, die kleine Gruppe zur Bibliothek im Hochsicherheitstrakt zu führen. Dort wurden wir von Teilnehmerinnen des Book Clubs begrüßt und ein reger, Kunst orientierter Austausch begann. Es wurde gesungen, gelacht, ebenso ernsthaft diskutiert und auch geweint. Es wurden Gedichte vorgetragen und, wie könnte es anders sein, intensiv musiziert und getanzt.
Nach nun mehrjähriger Erfahrung mit der Wiedereingliederung von verurteilten Frauen, erlaube ich mir produktive Kritik am Strafvollzug zu üben. Ich möchte hier einen Punkt, der einflussreichste jedenfalls, erwähnen. Darstellende Kunst bewirkt bei den Inhaftierten einen erhöhten Drang nach Kreativität. Im Vergleich zum freien Mensch ist dies eindeutig erkennbar. Diese Tatsache ist die Grundlage unserer Ideologie bezüglich Rehabilitierung. Vom ersten Tag der Gefangenschaft beschäftigt der tägliche Prisonablauf ihre Gedankenwelt. Da bleibt sehr wenig Raum für positiv geladenes Gedankengut. Darstellende Kunst jedoch überhebt das Gute dem Bösen, das Richtige dem Falschen. Sobald ein eingesperrter Mensch diesen Zusammenhang erkennt, beginnt die Wiedereingliederung. Die darstellende Künstlerin im Gefängnis nimmt eher Bezug auf sozialethische Auswirkungen ihres Schaffens, weniger auf ausgewählte Elemente der Kultur- und Kreativwirtschaft. Es ist die kreative Denkweise, die den schöpferischen Akt möglich macht, dabei die moralische Wertvorstellung nach Gut ausrichtet. Ihr Bezug zum Weltbild normalisiert sich, sie rehabilitieren sich selbst. Und man erlaube mir: Die Wirkung der darstellenden Kunst wirkt sich nicht nur positiv auf das Gemüt von Gefangenen aus, das Gleiche gilt auch für freie Menschen. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir in einer besseren Welt leben würden, wenn sich ein Großteil der Weltbevölkerung beruflich oder als Hobby der darstellenden Kunst widmen würde. Peter Ochsner, Nairobi Im Dezember 2023
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