![]() «Wohin würdest du am Sonntag gerne gehen, mein Kind?» Es ist dies eine Frage, die die allein erziehende Mutter ihrer achtjährigen Tochter gerade noch zu wagen stellt. Der Grund für die Zurückhaltung ist einfach und schnell umschrieben. Sie beide leben in einem Raum eines grossen Wohngebäudes in der Nähe des Kenyatta International Airport ohne fliessendes Wasser und Strom. Beim ersten Besuch des Flughafens am Ende der Landebahn, ausserhalb des Zaunes, beobachtete die Mutter diese besondere Neigung ihrer Tochter, das Betrachten der landenden und startenden Flugzeuge. Nie würde Frida dieses sonntägliche Angebot verneinen und steht dann jeweils fast den ganzen Tag über am Zaun, während ihre Mutter unter einem Baum im Schatten den arbeitsfreien Sonntag vorüber ziehen lässt. Sie würde auch versuchen den aufkommenden Hunger zur Zeit des Hochstandes der Sonne mit wohlgemeinten Ausreden in den Nachmittag oder gar bis zum nach Hause gehen zu verzögern. Inzwischen ist das kleine Mädchen zu einer bildhübschen jungen Frau gewachsen und nur die Liebe zur Fliegerei erinnert sie beide hin und wieder an die Sonntage am Zaun des Airports. Während Frida heranwuchs wünschte sie sich immer als Airhostess über diese Landebahn zu rauschen und weit weg in andere Länder zu fliegen. Nun arbeitet Frida als Bedienung in einem Fastfood Restaurant in der Stadt und träumt oft von ihrer Uniform, nicht diejenige auf die sie herunter blicken kann, aber auf diejenige der Girls auf den riesigen Plakaten. Kenya Airways ist für sie nach wie vor ein Ausdruck mit magischer Kraft. Es ist Nachmittag - nicht viel Betrieb im Restaurant, ihr Handy summt. Eilig entflieht sie den Augen des Supervisors hinter eine Säule und nimmt das Gespräch entgegen. «James. Spreche ich mit Frida.» «Ja.» «Guten Tag. Ich kenne deine Freundin Elsa, die mir eben sagte, dass du gerne Airhostess werden möchtest.» Das Gehörte berauscht Frida und in der tat, sie teilte ihren Traum oft und immer wieder mit Elsa. «Ja doch, ja doch.» «Okay, ich arbeite für Kenya Airways und bin zuständig für die Rekrutierung. In Wirklichkeit sind wir mitten drin, haben die Aufnahme eigentlich schon abgeschlossen, aber als Freund von Elsa bin ich bereit eine Ausnahme zu machen. Bist du interessiert?» «Ja doch, ja doch.» Sie vermag sich nicht auf andere Worte zu entsinnen. «Na dann, gib mir deine Kleidermasse, der Schneider steht gerade neben mir und kann schon mal mit der Näherei beginnen.» «Oh, vielen Dank James, vielen Dank.» Sie findet, dass da eine gewisse Logik in den Worten des Anrufers liegt. «Noch etwas Frida, du musst morgen unbedingt bei mir im Büro vorbeischauen und ebenfalls sollst du 10k jetzt gleich mittels Mpesa an die Nummer, die ich dir geben werde, überweisen. Kenya Airways besteht leider immer noch darauf, dass ihr fliegendes Personal die Kosten für Uniformen selbst zu tragen haben.» Frida erstickt fast beim Klang dieser Worte. Zwischen ihr und der Armut sitzen im Moment nur 300 Shillings, gerade genug für den Bus heute und morgen. Langsam schiebt sie ihr Handy in die Gesässtasche und anerkennt einmal mehr den tieferen Sinn des Wortes Traum. Ein Gast winkt, sie schwankt zu ihm hin und nimmt die Bestellung auf. Was mach ich nur? Der Gedanke raubt ihr den Atem und durch die endlose Ausweglosigkeit total ermüdet setzt sie sich dennoch auf diesen verrückten Rollercoaster. Kariuki beim Ausschank versuchte schon mehrmals näher an sie heran zu kommen, aber sie drängte ihn immer ab. Ohne weitere Überlegung steht sie drei Sekunden später neben ihm und kurz darauf übernimmt Kariuki das Eintippen der entsprechenden Nummern. Der Arbeitstag endet im Hochgesang und schon auf dem Weg zum Bus lässt sie das Rufzeichen auf dem Handy ihrer Freundin Elsa erklingen. Das Antwortzeichen jedoch entspricht dem Zustand eines abgeschalteten Phones. Komisch denkt sie ... Elsa ohne Handy. Sie nimmt ihre Füsse unter die Arme und eilt zur Bushaltestelle. Elsa muss ich heute unbedingt noch sehen und plant die längere Route zu nehmen. Sie findet ihre Freundin beim Teashop. «Was ist mit deinem Handy?» Überfällt sie sie grusslos. «Oh Frida, ich habe es vor zwei Tagen im Bus verloren.» Frieda erzählt hastig erfreut ihre Geschichte. Beim Fallen das Namens James reagiert Elsa. «Ich kenne keinen James.» Frida erfriert. «Du ....» Erkennend verliert sie die Fähigkeit zu sprechen. «Verdammt noch mal Frida. Ruf ihn an, diesen James, sofort jetzt.» Ihre Hände zittern in Erwartung des Abwesenheits Zeichen. «Frida, gib mir dein Handy. Du schläfst heute in meinem Haus. Ich rufe jetzt deine Mutter an.» Später, die Augen Fridas geben keine Tränen mehr her, sitzen sie im Kerzenlicht auf dem Bettrand und versuchen die Tragödie zu verstehen. Frida starrt in das Licht der Kerze und fühlt wie die Realität des folgenden Tages langsam über sie kommt. Beide beginnen zu erkennen, was wirklich geschah. Immer wieder erzählen sie sich die Geschichte gegenseitig und in Erwartung einer Möglichkeit .... in der Lage zu sein, die Zeit zurück zu drehen, zum Beispiel, beklagt Elsa das Elend ihrer Freundin. «Dieser James, dieser verdammte Scambag hat im Bus mein Handy geklaut, studierte die Texte, fand dabei deine Andeutungen über Hostessen und so, zählte zwei und zwei zusammen und .......... schamlos .......... » Elsa vermochte Hass bis zum heutigen Tag nicht wirklich zu durchleben. Nun aber, neben ihrer Freundin sitzend, bemächtigt sich dieses teuflische Denken ihrer. Sie kann, will sich nicht dagegen wehren, während Frida nur noch zu einem Gedanken fähig ist. Was mach ich nur?
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